Palliativversorgung von Kindern mit lebensverkürzenden Krankheiten

Eine Dresdner Brücke zwischen Klinik und Zuhause

17.11.2011, 13:22

Zum zehnjährigen Bestehen des „Brückenprojektes“ für Kinder mit lebensverkürzenden Erkrankungen tagen am Wochenende Palliativmediziner aus ganz Deutschland in Dresden. Im Mittelpunkt steht dabei ein vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden entwickeltes und auch umgesetztes Konzept der ambulanten Versorgung sterbenskranker Kinder, das mittlerweile deutschlandweit Vorbildcharakter in der Palliativmedizin besitzt.

 
Die Palliativversorgung von Kindern steht am Wochenende im Mittelpunkt einer Tagung, zu der Fachleute aus ganz Deutschland nach Dresden kommen. Organisiert wird die Veranstaltung durch das Kinderpalliativteam des Universitätsklinikums. Die Ärzte, Kinderkrankenschwestern und -pfleger und Sozialpädagogen arbeiten im so genannten Brückenprojekt mit dem Ziel, Kinder mit einer lebensverkürzenden Krankheit an ihrem Lebensende optimal und möglichst in ihrem häuslichen Umfeld zu betreuen.

Das Brückenprojekt wurde vor zehn Jahren durch Mitarbeiter des Universitätsklinikums und den „Sonnenstrahl e.V.“ gegründet – einem Verein, der sich um krebskranke Kinder und ihre Familien kümmert. Er übernahm auch die Anschubfinanzierung und warb Spenden ein, bevor die Krankenkassen 2005 unter der Federführung der heutigen AOK Plus die Kosten dieser speziellen Versorgung übernahmen. Den Anstoß für das Brückenprojekt hatten die betroffenen Eltern gegeben, die sich gemeinsam mit den Mitarbeitern des Universitätsklinikums darum bemühten, den Krankenhausaufenthalt ihrer Kinder so kurz wie möglich zu halten. Unter Trägerschaft des Universitätsklinikums wurde ein Brückenteam gebildet, das die Kinder vor allem an ihrem Lebensende in ihrem häuslichen Umfeld besucht und als Schaltstelle zwischen Klinik, Familie, dem Hausarzt und dem Häuslichen Pflegedienst fungiert. Schnell wurden die Erfahrungen aus dem Pilotprojekt mit krebskranken Kindern für die Palliativbetreuung aller lebensverkürzend erkrankten Kinder angewendet.

Das Dresdner Konzept des „Brückenteams“ hat heute Modell – und Vorbildcharakter für die Palliativversorgung von Kindern in ganz Deutschland. Seit 2005 wird das Brückenprojekt durch die Krankenkassen anerkannt und finanziert. Der Anspruch auf spezialisierte ambulante Palliativversorgung ist inzwischen im Sozialgesetzbuch der Bundesrepublik fest verankert. Dabei wird auf die besonderen Belange von Kindern extra hingewiesen. Heute umfasst das Brückenteam 16 Mitarbeiter, die nach wie vor eng mit dem „Sonnenstrahl e.V.“ und dem Ambulanten Kinderhospizdienst Dresden zusammenarbeiten. Seit 2001 hat das Brückenteam über 350 Kinder und Jugendliche mit lebensverkürzenden Krankheiten begleitet. 

Am Freitag kommen Spezialisten aus ganz Deutschland zu einer Fachtagung zur Pädiatrischen Palliativversorgung nach Dresden. Am Samstag schließt sich ein Familienforum an, bei dem die betroffenen Familien mit den Fachleuten diskutieren wollen. „Die enge Zusammenarbeit mit den betroffenen Eltern ist das Besondere am Brückenprojekt“, betont dessen Leiter Andreas Müller. „Dadurch bleiben wir ganz nah dran an den Familien und erfahren, wo wirklich Hilfe gebraucht wird.“

Auch Verwaiste Eltern brauchen Hilfe
Aus den Bedürfnissen der Familien heraus entstanden weitere Initiativen, wie zum Beispiel die Gruppe Verwaister Eltern, die ebenso unter dem Dach des „Sonnenstrahl e.V.“ ihren Anfang nahm. „Gerade dann, wenn das Kind verstorben ist, brauchen viele Familien Beistand und Unter-stützung“, weiß Dr. Andreas Weber, Initiator der Gruppe und Mitglied des „Sonnenstrahl e.V.“ aus eigener Erfahrung. „Deshalb bieten wir den Austausch mit anderen verwaisten Familien an - in einem geschützten Rahmen und mit Begleitung durch Therapeuten und Sozialpädagogen.“ 

Erst kürzlich hat der Verein eine Gruppe verwaister Väter ins Leben gerufen. „Väter trauern anders als Mütter. Sie stürzen sich oft in ihre Arbeit und verdrängen den Verlust ihres Kindes. Ihnen wollen wir in der Gemeinschaft helfen, ihre Trauer zu verarbeiten“, sagt Dr. Weber. Wer Unterstützung sucht oder mehr Informationen wünscht, kann sich mit dem „Sonnenstrahl e.V.“ unter Tel. 0351/ 459 61 61 oder http://www.sonnenstrahl-ev.org in Verbindung setzen.

Hintergrundinformation
Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin sterben jedes Jahr mehr als 3.000 Kinder in Deutschland an einer unheilbaren Erkrankung, 500 davon an Krebs. http://www.dgpalliativmedizin.de

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